Angeln ist eine kleine Wissenschaft für sich. Das wird dem Laien im Gespräch mit Sportfreunden des Angelvereins „DAV Ortsgruppe Senzig- Krüpelsee e.V.“ schnell klar. Man kann nicht einfach mit dem Kahn raus auf den See und seine Angelrute auswerfen oder sich damit still ans Ufer setzen, um einen Fisch an Land zu ziehen. „Du musst wis- sen, was du angeln willst, welchen Köder du brauchst, du musst eine geschützte Stelle finden und wissen, woher der Wind weht“, sagt Gerald Trotzki, 1. Vorsitzender des Vereins. „Bläst der Ostwind übern Krüpelsee, kann man das Angeln vergessen. Die Fische scheinen den Wind zu spüren und bleiben weg.“ Jan Müller, der 2. Vorsitzende, ergänzt: „Da haben die einfach keine Lust zu beißen.“ Oder man muss wissen, wo welcher Fisch vermutlich am ehesten anzutreffen ist. „Willst du einen Zander fangen, peilt man am besten den ‚Zanderberg‘ am Zernsdorfer Ufer an“, verrät Gerald Trotzki. Hecht lasse sich gut in Ufernähe angeln, wo es Schilf oder Seerosen gibt.
Es fehlt an Nachwuchs im Angelrevier
Mit den Feinheiten und Regeln des Angelsports sind die 36 Vereinsmitglieder bestens vertraut. Ihr Angelheim befindet sich in der Uferstraße 19 und wird liebe-voll von allen Sportfreunden gehegt und gepflegt. Es gibt drei Sportfreunde, die seit 51 Jahren dabei sind, darunter Gerald Trotzki, Vereinschef seit 2013. „Wir haben sechs Angler bei uns, die über 80 Jahre alt, aber sehr aktiv sind“, berichtet er. Das jüngste Mitglied, eine Frau, ist 31. Das Durchschnittsalter beträgt 62 Jahre. „Der fehlende Nachwuchs ist unser größtes Problem“, bedauert Jan Müller. Dabei sei eine Angelausrüstung nicht übermäßig teuer, verrät Schatzmeister Hans-Jürgen Giering. „Eine Fünfmeterrute kann man schon für 25 Euro bekommen, Sehne, Pose, Rolle, alles erschwinglich.“
Im Sommer wird der Verein sein 55jäh- riges Bestehen am 11. Juli mit einem kleinen Fest feiern. Älter ist mit 95 Jahren nur der Angelverein Senzig-Mitte, dem 53Sportfreunde und zwölf Jugendliche ange- hören. Senzig hat aber auch noch einen dritten Angelverein: Senzig-Waldesruh. Ihn gibt es seit 54 Jahren, er hat 45 Mitglieder. Die drei Vereine seien aus ehemals einem Verein unter anderem aufgrund der steigenden Einwohnerzahl ent- standen, erzählt Gerald Trotzki. „Und vielen war der Weg zum damaligen Vereinslokal Gaststätte Gaerisch in der Chausseestraße einfach zu weit“. Einmal im Jahr findet ein gemeinsames Angeln aller drei Vereine statt. „Das ist eine Höhepunkt im Jahr und hält zusammen. Wir arbeiten nicht gegeneinander, sondern miteinander“, betont Gerald Trotzki. Die Mitglieder seines Vereins angeln auf dem Krüpelsee, während die Anglerkollegen aus Mitte gleichzeitig den Krimnicksee und die von Waldesruh den Zeesener See befischen. „Da in unserem Verein nach Lehrgängen und Prüfung jeder einen Fischereischein hat, dürfen wir von der Schleuse in Neue Mühle bis zur Schmölde angeln“, klärt Gerald Trotzki auf. Das bedeute Angeln auf Gewässern des Deutschen Anglerverbandes (DAV) sowie auf einem von einem Fischer gepachteten See. Aus dem Krüpelsee holen die Angler vor allem Friedfische (auch Weißfische genannt) heraus: Plötzen, Bleie und Rotfedern. Raubfische wie Zander und Aale oder Wels sind eher selten. „Fische kann man im Prinzip zu jeder Tageszeit fangen“, plaudert Gerald Trotzki aus der (Angler)- Schule. Aber Weißfische seien überwie- gend am frühen Morgen aktiv, Raubfische erst gegen Abend.
Angeln verlangt Ruhe und Geduld
Die Angelsaison wird Mitte April gestar- tet und endet im Oktober. „Das für den 1. Februar geplante Eisangeln musste leider ausfallen. Damit ist es vorbei, Eisangeln ist Geschichte“, sagt der Vereinschef. Der Jahreskalender weist zahlreiche andere Veranstaltungen aus, so zum Beispiel Paarangeln, Sommerangeln und die Kür des Herbstmeisters. Für das leibliche Wohl bei geselligem Zusammensein im Vereinshaus an der Uferstraße sor- gen zumeist die Anglerehefrauen. Am Senziger Weihnachtsmarkt hat sich der Verein bereits sieben Mal beteiligt. Befragt, was einen Angler auszeich- net, antworten Gerald Trotzki und Jan Müller wie aus einem Munde: „Ruhe und Geduld!“ Man finde Entspannung, könne gut abschalten, kein Handy klingele, nur Wind und Wellen seien zu hören. „Das sind die einzigen drei Stunden, wo nicht gequatscht wird“, wirft Jan Müller in die Runde.„Und groß ist natürlich die Freude, wenn man einen schönen Fisch raus-holt, beispielsweise eine 30 Zentimeter große Plötze nach Hause bringt“, stellt Gerald Trotzki klar. Der 63jährige frühere Kriminalrat ist bereits mit zwölf Jahren Mitglied im Angelverein geworden: „Wenn man einmal mit Angeln angefan- gen hat, kann man nicht mehr aufhören.“ P.S. Wie so vieles in den vergangenen drei Jahrzehnten, hat sich auch auf dem Gebiet des Angelns eine Menge geän- dert. Eines ist aber geblieben: der tradi- tionelle Anglergruß „Petri Heil“ und die Antwort „Petri Dank“ bei erfolgreichem Fang. Abgeleitet ist der Gruß vom Namen eines der ersten Jünger Jesu, dem Fischer Simon Petrus. Er gilt noch heute als Schutzpatron der Fischer und Angler.