Nachschau zum Expertenvortrag „Strategien zum Insektenschutz“

Die Umwelt AG hat im Rahmen ihrer Aktion „Wildblumenwiesen für Senzig“ zum Expertenvortrag eingeladen. Am 4. März versammelten sich rund 20 interessierte Teilnehmende im NetzWERK, um von dem Schmetterlingsexperten Dr. Jörg Gelbrecht mehr über die Notwendigkeit und die verschiedenen Strategien zum Schutz von Insekten in Brandenburg zu erfahren.

Insgesamt sind in Brandenburg 2599 Schmetterlingsarten beheimatet, eine erstaunliche Vielfalt. Davon sind jedoch nur rund 110 klassische Tagfalterarten, von denen viele regelmäßig im eigenen Garten beobachtet werden können. Die Nachtfalter, mit Vertretern wie den Eulen- und Bärenfaltern, Schwärmern und Spannern, stellen die zweitgrößte Gruppe aller Schmetterlingsarten dar. In Brandenburg bilden die Kleinschmetterlinge, wie Wickler und Zünsler, die größte Gruppe der Schmetterlingsarten.

Hauptursächlich für den Rückgang der Insektenbiomasse von mehr als  75 % in den letzten 30 Jahren sind: 
Fehlende zusammenhängende Biotope und Monokultur in der Landwirtschaft.

Von den insgesamt rund 2600 Art in Brandenburg, wurden 11 % nach dem Jahr 2000 nicht mehr in der Region nachgewiesen. Auf der neuen Roten Liste von 2023/24 sind fast die Hälfte der Arten (> 41 %) in einer Gefährdungskategorie (gefährdet, stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht) eingeordnet und 6,6 % sind bereits ausgestorben. Der massive Rückgang der Insektenbiomasse (> 75 %) in den letzten 30 Jahren und der Verlust der Artenvielfalt geben genügend Anlass zur Sorge und unterstreichen gleich zu Beginn des Vortrages die Dringlichkeit des Insektenschutzes.

Dr. Gelbrecht erklärt, dass diesem Trend vielfältige Ursachen zu Grunde liegen. Zum einen ist die heutige Kulturlandschaft stark zersiedelt und fragmentiert (d.h., es gibt kaum mehr zusammenhängende Biotope) und die Landwirtschaft ist größtenteils von Monokulturen geprägt, die auf den Einsatz giftiger Pestizide angewiesen sind. Zum anderen stellen aber auch Lichtverschmutzung, die Entwässerung von Mooren, falsche Bewirtschaftungskonzepte in Schutzgebieten und auf öffentlichen Grünflächen (zu intensive und frühe Mäharbeiten) sowie der Klimawandel große Gefahren für Insekten dar.

Um dem entgegenzuwirken, hat das Land Brandenburg ein Maßnahmenprogramm für den Insektenschutz erstellt, welches bisher jedoch nur sehr punktuell umgesetzt wird. Um die Artenvielfalt zu fördern, sind spezielle Artenschutzprogramme erforderlich, um die Biotope zu schützen und zu fördern, die auf die Bedürfnisse der vorhandenen Arten zugeschnitten sind. Viele Schmetterlingsarten sind an ganz bestimmte Biotope gebunden, wie der Heidekraut-Fleckenspanner, der vor allem auf Heidekraut-Heiden vorkommt, oder der Hochmoor-Bläuling, der auf saure Zwischenmoore und die dort wachsenden Pflanzen angewiesen ist. Jedoch verschwinden durch den Eingriff des Menschen diese speziellen Biotope immer weiter. Die Wiederansiedlung bereits verschwundener Arten kann auch gelingen, indem eine kleine Anfangspopulation aus einem anderen Gebiet, wo die Art noch vorkommt, entnommen und umgesiedelt wird.

Anhand einiger Beispiele aus der Region zeigt Dr. Gelbrecht den Anwesenden die z.B. für die Renaturierung von Mooren umgesetzten Maßnahmen (Gehölzentfernung und Wasserrückhalt) und die dadurch erzielten Erfolge (z.B. Moorwiedervernässung am kleinen Milasee bei Storkow). Die vorgenommenen Maßnahmen und Entwicklungen werden anhand eines Monitorings regelmäßig überprüft und können so ggf. nachjustiert werden. Detailliertere Informationen dazu gibt es auf der Webseite des Projektes.

Detailliertere Informationen dazu gibt es auf der Webseite des Projektes Schmetterlinge in Brandenburg und Berlin

Für öffentliche Grünflächen, Schutzgebiete und nicht zuletzt auch den eigenen Garten lassen sich ebenfalls wichtige Maßnahmen für den Insektenschutz umsetzen. Hierzu zählt zum Beispiel die Auswahl des Saatguts und der Pflanzen, die idealerweise in der Region heimisch sind und den Insekten so Nahrung liefern, sowie die Intensität und der Zeitpunkt von Mäh- und Pflegearbeiten. Viele Insekten sind in ihren Entwicklungsstadien darauf angewiesen, über das Jahr hinweg ausreichend Futterpflanzen zur Verfügung zu haben sowie genügen Rückzugsmöglichkeiten zu finden. Hierfür kann der Zeitpunkt von Mäharbeiten so gelegt werden, dass Insekten in ihrer Entwicklung nicht zu sehr beeinträchtigt werden.

Schmetterlingsraupen hängen sich zur Verpuppung über den Winter an vertrocknete Pflanzenstängel und schlüpfen erst im darauffolgenden Jahr bis Mitte Mai. Wenn die erste Mahd erst Ende Mai durchgeführt wird, haben die Schmetterlinge und andere Insekten genügend Zeit sich zu entwickeln und die Pflanzen wachsen zu diesem Zeitpunkt im Jahr schnell wieder nach und gehen bald in die Blüte. Eine zu frühe Mahd könnte die noch nicht vollständig entwickelten Puppen der Schmetterlinge zerstören und wenn die Mahd zu spät im Sommer durchgeführt wird, besteht die Gefahr, dass das verbliebene Grün schnell verbrennt und der Boden austrocknet, da durch den entfernten Bewuchs kein Schutz mehr vor Sonneneinstrahlung und Witterung vorhanden ist.

Weiterhin ist es sinnvoll, nicht die gesamte Fläche mit einem Mal abzumähen, sondern die Flächen im Wechsel (Frühjahr: 1. Fläche Mahd, 2. Fläche keine Mahd; Herbst: 1. Fläche keine Mahd, 2. Fläche Mahd) zu bearbeiten, um immer genügend Pflanzen als Nahrung und Rückzugsort verfügbar zu lassen.

Im eigenen Garten können Insekten durch das Anlegen vielfältiger Strukturen, wie Totholzhecken, Steinhaufen oder dichter Hecken in Kombination mit heimischen, standortangepassten Pflanzen unterstützt werden.

Weitere Infos, wie man einen Garten anlegt, in dem sich Schmetterlinge und andere Insekten wohlfühlen, findet man hier

Auf der Pflanzenbörse am 21.04.2024 wird es die Möglichkeit am Stand der Umwelt AG geben, sich über sinnvolle Maßnahmen auszutauschen.

Im April werden wir in Senzig die ersten Wildblumenwiesen auf kommunalen Flächen anlegen. Der Vortrag von Dr. Gelbrecht macht Mut, dass auch unsere Aktion als Maßnahme zum Schutz von Insekten dem Artensterben etwas entgegensetzen kann.

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