Der mit der Ket­ten­sä­ge schnitzt: Roland Karl haucht Holz Leben ein

Ein Bei­trag aus DEIN Sen­zig Maga­zin, Aus­ga­be 2

Der Sen­zi­ger Fischer kommt aus Dobra in Süd­bran­den­burg

Sie ste­hen in den USA, in Japan, in Dubai oder in der Schweiz und eben auch in Sen­zig: Die von Roland Karl mit der Ket­ten­sä­ge geschnitz­ten Figu­ren, Tie­re oder Reli­efs aus Holz. So ist der 59-Jährige auch der Schöp­fer des zwei Meter gro­ßen Fischers, der unüber­seh­bar am Orts­ein­gang von Sen­zig grüßt. Auch der sei­nen Kahn zie­hen­de Bau­er am Fang­gra­ben im Tier­gar­ten stammt von ihm. Spä­ter ein­mal irgend­et­was mit Holz zu machen, war Roland Karl wohl vor­her­be­stimmt. Es lag nahe, denn auf­ge­wach­sen ist er umge­ben von viel Wald im süd­bran­den­bur­gi­schen Dobra bei Bad Lie­ben­wer­da. „Von Kind­heit an habe ich mit Holz gebas­telt und gedrech­selt, in der Schul­zeit dann mit Malen ange­fan­gen“, erin­nert er sich. Aber bis zum frei­en Künst­ler als Ket­ten­sä­gen­schnit­zer, wie er sich selbst bezeich­net, war es noch ein lan­ger Weg.

Nach Abschluss einer Leh­re als Anlagen- und Maschi­nen­bau­er im VEB Schwer­ma­schi­nen­bau Lauch­ham­mer zog es ihn wie­der in den Wald. In der Forst­wirt­schaft hat er dann 22 Jah­re gear­bei­tet, zu DDR-Zeiten mit schwe­di­schen Ket­ten­sä­gen, die fürs Schnit­zen nicht geeig­net waren und zudem nicht pri­vat genutzt wer­den durf­ten. Mit der Wen­de wur­de alles anders, es kamen bis dahin unbe­kann­te moder­ne Ket­ten­sä­gen und es kam die Rei­se­frei­heit: „In Ame­ri­ka habe ich Blut geleckt“, erzählt Karl. In den USA, die als Mut­ter­land des Ket­ten­sä­gen­schnit­zens gel­ten, war Roland Karl inzwi­schen 17 Mal. Zumeist bei Wett­be­wer­ben wie in Ridgway (US-Bundesstaat Penn­syl­va­nia) oder in Reed­sport (Ore­gon), wo er als Ama­teur gleich bei der ers­ten Teil­nah­me den ers­ten Platz errang. Das bedeu­te­te aber für ihn, er durf­te nur noch in der Pro­fi­li­ga star­ten. In der ist er ein­mal am drit­ten Platz vor­bei­ge­schrammt. Den amtie­ren­den Welt­meis­ter im Ket­ten­sä­gen­schnit­zen, Bob King aus Seat­tle, nennt er einen guten Freund: „Bei ihm habe ich viel gelernt.“ An Wett­be­wer­ben neh­me er aber nicht mehr teil: “Das über­lass ich den Jün­ge­ren, denn das ist Leis­tungs­sport. Da kann man abends das Gras rup­pen ohne sich zu bücken.“

Vom Hob­by zum Brot­er­werb

Mit der Ket­ten­sä­ge zu schnit­zen, war zunächst zehn Jah­re lang nur Hob­by. „Ange­fan­gen hat es mit Rübe­zahl als Wald­geist, an dem habe ich immer geübt“, erin­nert er sich. Mit dem Schritt vom Hob­by in die Selbst­stän­dig­keit am 1. Janu­ar 2006 wur­de es für Roland Karl zum Brot­er­werb. Dafür hat er einen gesi­cher­ten Job im Bun­des­forst auf­ge­ge­ben. Wie vie­le Skulp­tu­ren er seit­her geschaf­fen hat, weiß er beim bes­ten Wil­len nicht mehr. Von den bei Kun­den sehr belieb­ten Eulen habe er es auf  weit über 1000 Stück gebracht, schätzt er.

An bestimm­te, aus dem Rah­men fal­len­de Auf­trä­ge erin­nert sich Roland Karl noch sehr gut. So gestal­te­te er einen fast vier Meter hohen Weih­nachts­mann für Him­mel­pfort in der Ucker­mark, wo sich das Weih­nachts­mann­post­amt befin­det. Sie­ben Mönchs­fi­gu­ren ste­hen ent­lang des Rad­wan­der­wegs „Auf den Spu­ren der Mön­che von Dobri­lugk“ rund um Doberlug-Kirchhain im Natur­park Nie­der­lau­sit­zer Hei­de­land­schaft. Dort wei­sen auch Skulp­tu­ren aus der ger­ma­ni­schen Mytho­lo­gie wie Thor oder Freya den Wan­de­rern den Weg durch das Loben­moor. Mit dem Wur­zel­bal­len auf dem Kopf wir­ken sie sehr geheim­nis­voll. Eher erhei­ternd dürf­te die Figur eines auf dem Hin­ter­rad fah­ren­den Bikers mit einer Bier­fla­sche in der Hand wir­ken, die in der japa­ni­schen Stadt Toi in der Prä­fek­tur Shi­zu­oka steht. Ein Wild­schwein ging in die Schweiz, ein Adler fliegt in Frank­reich und ein Fisch tum­melt sich in Dubai.

Auch an die bei­den Figu­ren für Sen­zig erin­nert sich Roland Karl gern: „Für mich ist es am schöns­ten, wenn mir ein The­ma vor­ge­ge­ben wird und ich dann frei gestal­ten kann“. Vor Ort traf er sich zuerst mit Wan­der­we­ge­wart Hans Rent­meis­ter, der die Idee für das Pro­jekt hat­te. So mach­te sich der Holz­künst­ler ein Bild von dem Stand­ort und konn­te dann sei­ne Vor­stel­lun­gen ent­wi­ckeln. „Das war ein schö­ner Auf­trag.“ Zwei wei­te­re Figu­ren für den Tier­gar­ten in Königs Wus­ter­hau­sen sol­len noch fol­gen.

Wenn die Ket­ten­sä­ge kreischt

Ent­stan­den sind der Fischer und der Kahn­fah­rer wie alle ande­ren gro­ßen Figu­ren auf Roland Karls „Außen­pos­ten“, sei­nem Schnitz­platz am Ran­de von Dobra an der Bun­des­stra­ße 101.  Hier kann er sei­ne Ket­ten­sä­gen krei­schen las­sen, denn weit und breit ist kein Mensch, den das stö­ren könn­te. Er selbst mag das Geräusch nicht, denn mit rund 115 Dezi­bel sind die Ket­ten­sä­gen recht laut. „Ich hab‘ den Gehör­schutz auf und höre Coun­try­mu­sik.“ Zehn bis 15 Ket­ten­sä­gen hat er mitt­ler­wei­le schon zer­sägt: „Jedes Jahr gibt eine ihren Geist auf.“ Zu sei­nen Arbeits­mit­teln gehö­ren stän­dig drei bis vier Sägen, diver­ses Tisch­ler­werk­zeug und spe­zi­el­le Fräs­köp­fe, um Fein­hei­ten von Gesicht, Augen oder Fin­ger­nä­gel aus dem Holz her­aus­zu­ho­len. Roland Karl arbei­tet vor­wie­gend mit Eiche und Pap­pel. „Die guten Sor­ten wie Mam­mut­baum haben wir in unse­ren Brei­ten ja lei­der nicht.“ Hat er eine Figur fer­tig, wird sie noch mit Holz­öl bear­bei­tet, denn sonst wür­de das Holz grau wer­den. Son­ne und Käl­te stö­ren ihn bei der Arbeit nicht, nur der Wind, der Säge­spä­ne selbst in die geschütz­ten Augen treibt.

Einen Unfall als Ket­ten­sä­gen­schnit­zer hat­te Roland Karl — toi,toi,toi – bis­her nicht. In Deutsch­land gibt es nach sei­nen Anga­ben etwa 100 Per­so­nen, die das Ket­ten­sä­gen­schnit­zen ernst­haft betrei­ben. „Haupt­be­ruf­lich machen es maxi­mal etwa 30“, sag­te er. „Wir Ket­ten­sä­gen­schnit­zer sind schon eine eige­ne Trup­pe“, gesteht der sym­pa­thi­sche Mann.  „Alle ein biss­chen ver­rückt, es gibt kein Kon­kur­renz­den­ken, wir sind eine ver­schwo­re­ne Gemein­schaft.“

www.kettensaegenschnitzer.de

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