Am vergangenen Sonntag führte uns unsere Monatswanderung durch die Senziger Heide in Begleitung eines Naturwarts aus dem Naturpark Dahme-Heideseen. Doch schnell wurde klar – dass war weniger eine Wanderung und mehr eine lehrreiche Exkursion voller faszinierender Einblicke in die Natur. Die Gruppe war wissbegierig, der Ranger, wie es umgangssprachlich heißt, ein Quell an Informationen. Das Wetter? Trocken, aber kühl – doch unsere Neugier hielt uns warm. Nachfolgend ein paar interessante Punkte.
15.000 Jahre Naturgeschichte unter unseren Füßen
Schon zu Beginn wurde deutlich: Die Landschaft, durch die wir gingen, ist geformt von gewaltigen Kräften. Vor 15.000 Jahren drückten zuletzt gigantische Eismassen den Boden nieder – so stark, dass unterirdische Flüsse entstanden. Irrwitziger Weiße fast ausschließlich von Nord nach Süd und umgekehrt. Früher hielten große Wildtiere wie Hirsche und Wildpferde die Landschaft offen. Nachweislich lebten schon Neandertaler hier und ernährten sich sogar zu 60 % von Mammuts – unvorstellbar.
Menschliche Eingriffe – Fluch und Segen für die Natur
Der Mensch brachte Struktur in die Landschaft – und paradoxerweise förderte das die Artenvielfalt. Bis ins Jahr 19. Jahrhundert stieg sie an, dann begann mit Industrialisierung und Forstwirtschaft der Rückgang.
Kohlenstoffspeicher Moore & Graslandschaften: Die beste Klimawaffe sind nicht Wälder, sondern Moore und offene Landschaften. Das (Regen-)Wasser verdunstet hierbei kaum und wird so in den Boden zurückgeführt. Die Folge: Anstieg des Grundwassers. Auf Laubbäumen würde das Wasser auf den Blättern verdunsten und nur wenig durch den herbstlichen Laubfall dem Boden zurückgeführt werden. Auch zeigten Studien, das wilde Graslandschaften CO2 speichern würden, genau wie Bäume.
Eine Besonderheit: Früher gab es Waldweiden, wo Rinder und Schafe halfen, die Landschaft offen zu halten. Doch mit den Hohenzollern kam das Verbot – und bis heute wird darum gerungen, diese traditionelle Form der Bewirtschaftung wieder zu erlauben.
Wolf, Waschbär & Wildtiere – neue Herausforderungen
Im Naturpark gibt es derzeit 3 bis 4 Wolfsreviere, zusammen etwa 24 Wölfe. Die größte Bedrohung für sie? Der Straßenverkehr – 50 bis 80 % sterben durch Unfälle. Auch geben die Rudel ihr Wissen an die Jungen weiter. So auch, dass Schafe und Rinder nicht gejagt werden sollten, da diese unter dem Schutz des Menschen stehen.
Andere Tierarten kämpfen mit neuen Feinden: Hühnervögel wie Fasane, Rebhühner und Co verschwinden, weil Füchse, Marder und Waschbären kaum noch reguliert werden. Früher übernahmen es die Menschen diese Jäger zur erbeuten. Heute fehlt diese Kontrolle, weswegen der Bestand an Füchsen und Co sehr groß ist. Auch gibt es keinen Schutz mehr in den Schedeln, also dem Grünstreifen zwischen den Feldern, wie es vor der Bodenreform vor 70 Jahren noch gang und gebe war. Der Waschbär ist zudem ein Problem für Erdkröten, denn er hat gelernt, sie geschickt zu häuten, um ihr giftiges Sekret, das sie normalerweise schützt, zu umgehen.
Die wohl größte Gefahr für den Menschen im Wald ist die Zecke. Dem Ranger ist noch kein Fall bekannt, wo en Wolf den Menschen angegriffen hat. Fälle von Borreliose aber unzählige.
Alte Kulturlandschaften und neue Perspektiven
Zwischendurch bewunderten wir die Obstbäume, die unser Baumpaten entlang des Buttersteiges gepflanzt und gespendet hatten – ein schönes Beispiel für nachhaltiges Engagement. Wer Interesse hat, ebenfalls die Natur langfristig zu unterstützen, ist herzlich Willkommen, als Pate oder Helfer sich bei unserer nächsten Baumpflanzaktion zu beteiligen.
Feuchte Wiesen und Moore wie „Am Langen Luch“ trocknen heute weiter aus. Früher boten zudem kleinere Korridore zwischen den Waldabschnitten Lebensraum für Schmetterlinge und Echsen – heute verschwinden diese Kleinode durch den immer mehr ausbreitenden Wald. Der Ranger hielt bei seinen Ausführungen Imitate von Erdkröten und Molchen parat. Gerade Kinder erfreuen sich an diesen 300 – 600 EUR teuren Nachbildungen. „Natur zum Anfassen“. Dabei kamen auch kuriose Erinnerungen aus den Reihen der Wandere zu Tag: Die Mutprobe früherer Kinder war es, einen Regenwurm einmal durch den Mund zu ziehen. Belohnung? Zwei Groschen.
Fun Fact: Die überraschende Erkenntnis, dass Kaninchenhalter oft die besten Naturschützer sind. Durch ihr gelegentliches Mähen von kleineren Parzellen, lassen Sie Großteile der Gräser stehen für spätere Futtermahd. Beste Bedingung für eine gesunde Ökosystem.
Ein herzliches Dankeschön!
Nach fast drei Stunden endete unsere Tour – mit vielen neuen Erkenntnissen und dem Wunsch, noch weiter zu lernen. Ein großes Dankeschön an unserem Naturwart, der uns nicht nur geführt, sondern vor allem zum Staunen gebracht hat!
Nächste Wanderung? Wir sind auf jeden Fall wieder dabei!